Hanna Wolf MdB

stv. Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

13.05.2001
„Sittenwidrig“! – weil nicht sein kann, was nicht sein darf!
Endlich wird Prostitution entkriminalisiert!

Bundestagsabgeordnete Hanna Wolf und Stadträtin Barbara Scheuble-Schaefer begrüssen Gesetzesentwurf der Rot-Grünen Bundesregierung

Über 400 000 Prostituierte arbeiten in Deutschland im Gewerbe. Jeder vierte Mann räumt Kontakte zu Dirnen ein. Die öffentliche Hand profitiert in Bund, Ländern und Gemeinden von der Branche durch enorme Steuereinnahmen.

In München müssen laut der Regierung von Oberbayern besondere Anbahnungszonen ausgewiesen werden, es dürfen nur noch dann Straßenstrichzonen städtebaulich verändert werden, wenn für diese an anderer Stelle im Stadtgebiet Ersatz geschaffen wird.
9 Kilometer Straße sind es in der Landeshauptstadt, auf denen sich die Huren aufstellen dürfen, ca. 1000 Frauen sind in München als Huren behördlich bekannt.
Aber eigentlich gibt es das alles nicht, weil wegen der Sittenwidrigkeit das Geschäft nicht sein kann, weil es nicht sein darf.

Mit dieser Doppelmoral wird jetzt durch den Gesetzesentwurf, der am Freitag im Bundestag beraten wurde, aufgeräumt!

Hanna Wolf, Münchner Bundestagsabgeordnete und stellvertretende frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion:

„Es war an der Zeit, dass mit der Streichung der Sittenwidrigkeit im geltenden Gesetz endlich die Doppelmoral beendet wird. Außer der CSU sehen alle Bundestagsfraktionen Handlungsbedarf!“

Bisher ist die Situation der Prostituierten belastend. Ihnen wird der Zugang zur Sozialversicherung verwehrt und praktisch betrügerische Geschäftsangaben aufgedrängt, wenn sie sich absichern wollen. Auch der Hurenlohn ist in der Bundesrepublik nicht einklagbar.

Über dem Milieu schwebt andauernd das Damoklesschwert des § 180a StGB, welcher jede „Förderung der Prostitution“ unter Strafe stellt. Mit diesem doppelbödigen Moralverständnis werden beispielsweise gastronomische Betriebe in Bordellen bisher nicht kontrolliert, da es sie ja offiziell nicht gibt.

Diese Zustände will München auf jeden Fall ändern. Im kommenden Kreisverwaltungsausschuss der Landeshauptstadt wird der Stadtrat darüber beraten.

Stadträtin Barbara Scheuble-Schaefer, Stellv. Fraktionsvorsitzende,
langjährige Vorsitzende des Interfraktionellen Dirnen-Arbeitkreises und Mitglied des Runden Tisches für Fragen der Prostitution:

„Die Gesetzesänderung war überfällig! In München hat man sich schon lange um eine Verbesserung der Situation von Prostituierten bemüht. Aber ohne die Gesetzesänderung ist nichts möglich. Wir sind den Bundestagsabgeordneten der SPD und der Grünen dankbar für diese Initiative, die unsere Abgeordnete im Münchner Westen, Hanna Wolf, wesentlich unterstützt und weiterbefördert hat. Neben der Eröffnung des Zugangs zur Sozialversicherung ist auch die Möglichkeit der Umschulung für Prostituierte dringend geboten gewesen. Bisher konnten sich aussteigewillige Huren vom Arbeitsam keine Umschulung in einen anerkannten Beruf erhalten, weil sie ja vorher „gar keiner Tätigkeit“ nachgegangen waren.

Das verschlimmerte das Schicksal der Frauen, die ihr Hurendasein beenden wollten oder mussten, ins Unerträgliche. Der CSU sei gesagt, dass auch Jesus mit der Hure Maria Magdalena in würdiger Weise umgegangen ist, und sie, wenn sie tatsächlich den Prostitutionsbereich (nur nach außen hin?) so verabscheuen, schon allein aus humanitären Gründen dieser überfälligen Verbesserung zustimmen sollen.“

Hanna Wolf:
„ Die Problematik der Zwangsprostitution, des Kinder- und Frauenhandels ist mit diesem Gesetz noch nicht berührt. An der Lösung dieser unerträglichen Probleme arbeiten wir“.