Hanna Wolf MdB 
Pressemitteilung 
Sonntag, 25. Januar 1998 

Beratungsschein auch für bayerische Frauen!  

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wünscht Kultusminister Hans Zehetmair namens der Staatsregierung, daß die katholischen Schwangerenberatungsstellen weiter arbeiten, auch wenn sie keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen. 

Dies wäre ein Etikettenschwindel. Natürlich können katholische Beratungsstellen ohne Beratungsschein zu allen bestehenden Lebensproblemen diejenigen beraten, die zu ihnen kommen, jedoch können sie sich unter diesen Umständen nicht mehr Schwangerenberatungsstellen im Sinne des Schwangeren- und Familienhilfeergänzungsgesetzes nennen. Die Konsequenz daraus ist, daß der Staat sie nicht mehr finanzieren kann, was er heute mit 80% tut. Eine weitere Konsequenz ist auch, daß sie nicht mehr zum gesetzlich geforderten flächendeckenden Beratungsnetz gezählt werden dürfen. 

Über zwei Drittel der bayerischen Beratungsstellen sind katholische Beratungsstellen. (Zum Vergleich: katholische Beratungsstellen erfüllen im gesamten Bundesgebiet nur zu ca. 15 % diese Aufgabe, Bayern bereits mit eingeschlossen). Die Bayerische Staatsregierung hat damit Rom in die Hände gespielt. Nun versucht der Papst, die gesamte Gesetzgebung in seinem - und im Sinne der Staatsregierung - zu kippen. 

Unter der gegebenen Umständen ist der einzig legale Weg, daß Bayern - wie die übrigen Länder - ein wirklich plurales Beratungsnetz aufbaut und mehr Beratungsstellen anderer freier Träger zuläßt. Sozialministerin Stamm wird sich sehr anstrengen und beeilen müssen, die Zahlen der anderen Beratungsstellen anderer Träger substantiell zu erhöhen. 

Um jedoch den Paradigmenwechsel im Lebensschutz hin zu "Hilfe statt Strafe" wirklich zu vollziehen, muß die Bundesregierung mit der Regierungskoalition endlich ihre Hausaufgaben machen und die vom Verfassungsgericht geforderten flankierenden Maßnahmen beschließen. Im Urteil vom 28. Mai 1993 (Teil D, I. 3. a-d) wird die Notwendigkeit deutlich angesprochen, daß durch ein Kind der Frau keine Nachteile in Ausbildung, Beruf, Wohnung, Arbeits- und Privatrecht, der Gleichstellung und der Teilhabe am Arbeitsleben entstehen dürfen. Hier hätte die CSU in Bonn eine besondere Aufgabe im Sinne des Lebensschutzes. Andernfalls stehen die Beraterinnen mit leeren Händen vor den Frauen und können ihnen keine echte Hilfe mit Rechtssicherheit anbieten.