1. April 1998 - 0429
AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend
CSU verletzt Bundesgesetz
Zum Fall einer in Bayern von der Ausweisung bedrohten Kur din erklärt
die stellvertretende Sprecherin der SPD-Bundes tagsfraktion für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, Hanna Wolf:
Die Bundesregierung verzögert die Umsetzung der Härtefall klausel im
Ausländergesetz. Ich habe heute im Bundestagsausschuß für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend den Staatssekretär Dr. Hausmann zum Fall einer
jungen Kurdin in Kempten befragt, die mit ihren zwei Kindern abgeschoben
werden soll. Sie verlor ihr Aufenthaltsrecht, nachdem sie sich von ihrem
Peiniger hatte scheiden lassen. Dem bayerischen Innenstaatssekretär
Hermann Regensburger war jedoch das Ehemartyrium nicht härtefallwürdig
genug: Eine ”sehr unglückliche Ehe allein begründet keine besondere
Härte”.
Genau für Fälle wie den beschriebenen hatte die SPD lange gekämpft und
im Juni letzten Jahres einen Kompromiß im Ver mittlungsausschuß
herbeigeführt, der ermöglicht, daß das abhängige Aufenthaltsrecht einer
ausländischen Frau in ein eigenständiges Aufenthaltsrecht umgewandelt
werden kann. Auch eine ausländische Frau, die hier lebt, muß den Schutz
der deutschen Gesetze beanspruchen können, ohne tatsächlich vorher halb
totgeschlagen zu werden.
Aus den Antworten des Staatssekretärs heute ging hervor, daß die
Bundesregierung säumig ist in der Umsetzung dieses Gesetzes. Sie hat
bisher keine Abstimmung der Verwaltungsvorschriften mit den Ländern
zustande gebracht, insbesondere nicht die Definition, was unter einem
Härtefall zu verstehen sei. Im Gegensatz zu Bayern hat zum Beispiel
Nordrhein-Westfalen in einer Abstimmung zwischen dem Frauen- und dem
Innenministerium das Bundesgesetz umgesetzt. Dort würde die kurdische
Mutter nicht abgeschoben.
Da im vorliegenden Fall die Frau offensichtlich für ihren Unterhalt und
den ihrer Kinder selbst aufkommen kann (§ 17, Ausländergesetz) und ihr
überdies im Heimatland Gefahr droht, (§ 19) ist nicht einzusehen, warum
diese Frau abgeschoben werden soll.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird in der Frage der Umsetzung des
Bundesgesetzes in der nächsten Sitzungswoche nochmals aktiv werden.
01.04.1998 nnnn