5. Juni 1997 - 0872
AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend
Initiativen gegen Kindesmißbrauch
Die Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im Ausschuß für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, Christel Hanewinckel, und ihre
Stellvertreterin, Hanna Wolf, erklären:
Die Zahl sexuell mißbrauchter Kinder ist auch in Deutschland
erschreckend hoch. Verläßliche Zahlen gibt es nicht, denn nicht jeder
Mißbrauch wird bekannt. Die spektakulären Fälle mit Entführungen und Mord
beherrschen die Medien, nicht nur in Belgien und in Deutschland. Über den
alltäglichen Mißbrauch wird dagegen kaum geredet. Noch immer gibt es hier
ein Tabu, denn dieser Mißbrauch findet überwiegend durch
Familienangehörige und nahe Bekannte statt. Die gestrige Anhörung des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte Sachverständige
geladen, die deutlich machten, wie neben der notwendigen Änderung des
Strafrahmens auch effektiver Prävention betrieben werden kann. Die
Forderungen der Sachverständigen waren eindeutig: Zwingend notwendig ist
die bessere und gezielte Ausbil dung aller, die im Bereich der Prävention
und auch der Strafverfolgung arbeiten, also Erzieherinnen und Erzieher
ebenso wie Lehrerinnen und Lehrer, ebenso Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Polizei und der Justizbehörden. Geschlechtsbewußte Erziehung von
Mädchen und Jungen muß mit traditionellen Rollenmustern brechen.
Gewaltfreie Erziehung muß im Artikel 6 des Grundge setzes und im neuen
Kindschaftsrecht verankert werden. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit in den
Medien über die Früherkennung des Mißbrauchs. Informationen über
Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten. Dabei müssen Kinder genauso informiert
werden wie Mütter. Ziel einer solchen Aufklärungsarbeit muß es sein,
Alternativen zur Gewalt in den Familien aufzuzeigen. Die
UN-Kinderrechtskonvention, die die Rechte der Kinder deutlich stärkt, muß
endlich in vollem Umfang in Deutschland umgesetzt werden. Die
Möglichkeiten, die das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bietet, müssen
voll ausgeschöpft werden. Dabei steht an erster Stelle die Forderung nach
einer Vernetzung der bestehenden Beratungsangebote. Das KJHG verpflichtet
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht nur, den Bestand an
Einrichtungen und Diensten festzustellen, sondern auch den Bedarf
mittelfristig zu planen, und dabei Vorsorge zu treffen, daß
unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann. Das setzt vor allem
voraus, daß verschiedene Träger und Organisationen ihre Kompetenz
gegenseitig anerkennen.
Nicht alles, was die Sachverständigen gefordert haben, kostet Geld,
wohl aber guten Willen. Die Anhörung hat gezeigt, daß das
30-Punkte-Programm: Gesamtkonzept zum Schutz unserer Kinder vor sexueller
Gewalt der SPD- Bundestagsfraktion die richtigen Forderungen aufgestellt
hat. 05.06.1997 nnnn