7. Juli 1994 - 1578
Hanna Wolf 50 Prozent längerer Zivildienst zynisch
Zu den Vorstellungen der CDU/CSU-Wehrexperten zur Dauer des
Zivildienstes erklärt die jugendpolitische Sprecherin der SPD-
Bundestagsfraktion, Hanna Wolf:
Wenn die Wehrexperten der CDU/CSU fürchten, daß sie sogar die
reduzierten Rekrutenzahlen für den Wehrdienst nicht erreichen könnten,
dann ist die Abschreckung durch einen "unattraktiven" Zivildienst das
falsche Mittel. Wenn schon, dann müßte der Wehrdienst selbst den
Friedensvorstellungen der jungen Leute angepaßt werden.
Ein 50 % längerer Zivildienst - d. h. die Beibehaltung der heute
gültigen Zivildienstzeit - würde zwar die Kassen der sozialen Dienste vor
einer neuen Belastung bewahren. Der offensichtliche Strafcharakter dieser
Regelung stigmatisiert jedoch den ganzen sozialen Bereich, ob als
Ehrenamt, als Ersatzdienst oder als Beruf. Das haben weder die
Hilfsbedürftigen noch die Hilfeleistenden verdient. Es ist gerade das
falsche Signal, ausgesandt ausgerechnet von jenen, die in Sonntagsreden so
gerne die Individualisierung und Entsolidarisierung der Gesellschaft
beklagen.
Die SPD wird sich mit allen Mitteln gegen eine derartige
Diskriminierung des Zivildienstes und Verzerrung der Wehrgerechtigkeit
einsetzen. Außerdem stellt sich die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit
einer solchen Regelung. Artikel 12 a (2) des Grundgesetzes sagt eindeutig:
"Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht
überschreiten." 07.07.1994 nnnn