Pressemitteilung
 10.11.95  

Therapie statt Strafe für Vergewaltiger ist die schlechteste Lösung =
 

10. November 1995 - 1846

Therapie statt Strafe für Vergewaltiger ist die schlechte- ste Lösung

Zu dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Vergewaltigungsparagraphen erklären die SPD-Bundestagsab- geordneten Erika Simm und Hanna Wolf:

Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verabschiedete Antrag zur Änderung der Vergewaltigungsvorschriften offen- bart ihre Unentschlossenheit in den entscheidenden Fragen. Schon in den vergangenen Legislaturperioden konnten sich DIE GRÜNEN nicht über die Mindeststrafe einig werden. Der jetzige Antrag läßt diese wichtige Frage offen. Es wird lediglich gesagt, daß die Vergewaltigung als Verbrechens- tatbestand beizubehalten ist. Das ist wohl aber eine Selbstverständlichkeit. Die Mindeststrafe für Verbrechen ist ein Jahr, während die Vergewaltigung heute mit minde- stens zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird. Bei einem Strafmaß unter zwei Jahren ist jedoch ohne Schwierigkeiten eine Bewährungsstrafe möglich. Dies macht deutlich, welche Bedeutung die Festlegung des Mindeststrafmaßes hat. Nach dem Antrag wird das Strafmaß nicht nur für die Vergewalti- gung in der Ehe, sondern auch für die Vergewaltigung durch Fremdtäter offen gelassen. Dies bedeutet, daß DIE GRÜNEN sogar das geltende Recht in Frage stellen.

Der Antrag wiederholt ansonsten eine Reihe von Forderun- gen, die bereits in dem Gesetzentwurf der SPD-Bundestags- fraktion berücksichtigt sind, wie die Einbeziehung der oralen und analen Penetration und eine geschlechtsneutrale Fassung der Vorschrift. Andererseits sprechen sich DIE GRÜNEN gegen die Versöhnungsklausel (Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfaktion) und die Widerspruchsregelung (Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen) aus. Keineswegs heißt das jedoch, daß sie die Vergewaltigung in der Ehe in jedem Fall bestrafen wollen. Zum einen lassen sie durch die fehlende Festlegung auf das Strafmaß eine Bewährungs- strafe zu. Zum anderen wollen sie "prüfen", ob die Voll- streckung der Freiheitsstrafe zurückgestellt werden kann, insbesondere wenn der Täter sich einer Therapie unter- zieht. Damit würde ein Vergewaltiger mit einem Drogen- süchtigen gleichgestellt, bei dem das Gesetz die Möglich- keit der Therapie statt Strafe vorsieht. Eine Gleichset- zung von Vergewaltigern mit Drogenabhängigen ist völlig verfehlt und verkennt, daß die Vergewaltigung kein indivi- duelles Problem oder eine Krankheit ist, sondern das Re- sultat der fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung des sexuellen Selbstbestimmungs-rechts von Frauen. Durch den Verzicht auf Strafe würde die sexuelle Gewalt gegen Frauen nur noch weiter verharmlost. Nach der Begründung zum Antrag gehen die Überlegungen der GRÜNEN sogar dahin, das Prinzip Therapie statt Strafe in dem gesamten Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anzuwenden. Dies würde bedeuten, daß künftig auch der sexuelle Miß- brauch an Kindern nicht mehr bestraft würde.

Der Antrag der Grünen führt nicht zu einem besseren Schutz des sexuellen Selbstbestimmungsrechts von Frauen und Mäd- chen, sondern schränkt die bisherigen unzureichenden Strafvorschriften nur noch weiter ein. 10.11.1995 nnnn 2