11.06.96  

Opferschutz erfordert Videovernehmung im Strafprozeß
 
 

11. Juni 1996 - 0981

Opferschutz erfordert Videovernehmung im Strafprozeß

Zur Sachverständigenanhörung der SPD-Bundestagsfraktion zum Thema "Verbesserung der Rechtstellung von Deliktsopfern - Einsatz von Videogeräten bei Zeugenvernehmungen in der Hauptverhandlung" erklären der SPD-Bundestagsabgeordneten Prof. Jürgen Meyer und Hanna Wolf:

Alle 11 Sachverständigen, die sich gestern in der Anhörung zum Einsatz von Videogeräten bei Zeugenvernehmungen im Strafverfahren äußerten, befürworteten die Einführung der Videoaufzeichnung von Zeugenaussagen im Ermittlungsverfah- ren, um auf diese Weise weitere Vernehmungen, insbesondere kindlicher Zeugen, in der Hauptverhandlung zu vermeiden. Ein solcher Einsatz von Videogeräten diene auch dem Inter- esse der Wahrheitsfindung. Einig waren sich die Sachver- ständigen auch darüber, daß die Möglichkeiten des anwaltli- chen Beistandes für die Opfer gestärkt werden müssen.

Grundlage der Anhörung waren der im Februar dieses Jahres in erster Lesung debattierte Gesetzentwurf der SPD- Bundestagsfraktion, ein Bundesratsentwurf sowie ein Entwurf der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen, die den Einsatz von Videogeräten bei der Vernehmung einführen wollen, wobei die jeweilige Ausgestaltung in den Entwürfen unterschiedlich ist. Auch die Sachverständigen vertraten in den Einzelfragen unterschiedliche Meinungen. Insbesondere wurde von einigen Sachverständigen eine sog. Videokonferenz wie im Mainzer Prozeß gegen sexuellen Mißbrauch abgelehnt, d. h. eine Vernehmung der Zeugen - insbesondere kindlicher Sexualopfer - während der Hauptverhandlung in einem geson- derten Raum unter Videoschaltung in den Gerichtssaal. Be- denken wurden damit begründet, daß den kindlichen Opfern damit tatsächlich nicht geholfen werde, wenn parallel im Gerichtssaal der Angeklagte und alle anderen Beteiligten "dabei seien". Die Statements variierten auch bezüglich folgender Fragen:

- Beschränkung des Einsatzes von Videogeräten auf kind- liche Zeugen oder Anwendung auch bei erwachsenen Zeu- gen - Zustimmungserfordernis bei Erwachsenen oder auch bei Kindern - Beschränkung auf Sexualdelikte oder auch weitere De- likte, etwa Geiselnahme, Raub etc. - Anwesenheit des Rechtsanwalts bei der Videovernehmung im Ermittlungsverfahren als Zulässigkeitsvoraus- setzung - Aushändigung der Videoaufnahme an die anwaltliche Vertretung des Beschuldigten.

Breiteren Raum nahm auch die Frage ein, ob bereits die po- lizeiliche Vernehmung durch Video protokolliert werden sollte. Besonderes Interesse bestand an Vernehmungen durch aussagetechnisch gezielte Personen.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird im Lichte dieser Anhörung das Ziel ihres Gesetzesvorschlages, den Opferschutz im Strafverfahren zu verbessern, weiter verfolgen.

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