>  Dokumentenansicht
> Download als WinWord-Dokument
> Download als ASCII-Text

Frau Merkels Gleichberechtigungsgesetz in Anhörung durchgefallen =

11. November 1993 - 2657

Frau Merkels Gleichberechtigungsgesetz in Anhörung durchgefallen

Anläßlich der Anhörung zum Gleichberechtigungsgesetzentwurf der Bundesregierung und zum Gleichstellungsgesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion im Frauenausschuß des Bundestages erklären die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf und die Vorsitzende der ad hoc-Arbeitsgruppe Gleichstellungsgesetz, Ilse Janz:

Die heutige Anhörung von fast zwanzig Sachverständigen zu den Gleichberechtigungs- / Gleichstellungsgesetzentwürfen auf Bundesebene bestätigt die Verfassungsmäßigkeit und Not- wendigkeit der im SPD-Entwurf vorgesehenen qualifikationsbezogenen Quote für Frauen bei der Einstellung und Beförderung.

Die bereits seit Vorliegen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung von vielen Seiten geäußerte Kritik an dem Gesetzentwurf wird durch die Sachverständigen verstärkt und ergänzt. Die Kritik richtet sich insbesondere dagegen, daß der Regierungsentwurf die Frauenförderung nur auf die Bundesverwaltung, d. h. 3 % der erwerbstätigen Frauen beschränkt, während für die Privatwirtschaft keine Frauenfördermaßnahmen vorgesehen werden. Außerdem wurde die Aufhebung der Ausnahmeregelung für Frauenbeauftragte in den größten Bereichen der Bundesverwaltung, nämlich Bundespost, Bundesbahn und Bundesfinanzverwaltung gefordert. Insgesamt fehle dem Entwurf jeglicher Biß!

Besondere Kritikpunkte am Regierungsentwurf waren:

Nur unverbindliche Maßnahmen, keine ausreichenden Rechte für Frauenbeauftragte, insbesondere keine zwingende Freistellung ab einer bestimmten Behördengröße. Die Schadensersatzregelung im Regierungsentwurf wurde als ein Rückschritt gegenüber der geltenden Rechtslage gesehen. Die Verfassungsrechtlerin Dr. Ute Sacksofsky bezeichnete die Höchstsumme bei Ansprüchen mehrerer Frauen wegen Diskriminierung nach dem Regierungsentwurf als "im Dutzend billiger". Bemängelt wurde insbesondere auch die fehlende Beweislastumkehr zu Gunsten der diskriminierten Frauen im Regierungsentwurf.

Die Sachverständigen begrüßten dagegen die Einbeziehung der Privatwirtschaft in die Frauenför- derung nach dem SPD-Entwurf. Die Durchsetzung der Gleichberechtigung in der Bundesverwaltung könne nicht mit der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft gleichgesetzt werden.

Die qualifikationsbezogene Quote, von den Behörden und Betrieben festzulegende Zielvorgaben sowie wirksame Sanktionen (SPD-Entwurf) wurden als ein geeignetes Konzept zur Gleichstellung von Frauen befürwortet.

Außerdem hielten die Sachverständigen die im SPD-Entwurf vorgesehene Anknüpfung der Ge- währung öffentlicher Aufträge und Kredite an gezielte Frauenfördermaßnahmen für eine effektive Maßnahme zur Gleichstellung von Frauen. Die Schadensersatzregelung im SPD-Entwurf, die eine Beweislastumkehr zu Gunsten der diskriminierten Frauen vorsieht, wurde als ein wesentliches Element einer wirksamen Gleichstellungspolitik angesehen.

Gerade im Hinblick auf die massive Verdrängung von Frauen aus dem Erwerbsleben im Osten wurden eindeutige Rechtspositionen für Frauen gefordert. Der Regierungsentwurf erfülle diese Voraussetzungen in keiner Weise. Leider verschwand die Frauenministerin Merkel, ohne die Kritik an ihrem Entwurf zu hören.

11.11.1993 nnnn