12. Juni 1995 - 0932
Hanna Wolf Bundesregierung soll sich zur Transplantation von fetalen
Hirnzellen äußern
Zu der Zustimmung der Ethikkommission des Klinikums Mün-
chen-Großhadern, fetale Hirnzellen zu Transplantations- zwecken zu
verwenden, erklärt die stellvertretende. Spre- cherin der Arbeitsgruppe
Familie, Senioren, Frauen und Jugend der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna
Wolf:
»Ich bin überrascht, daß ausgerechnet eine bayerische
Universitätsklinik sich als erste in der Bundesrepublik daran machen will,
empryonale Hirnzellen für Transplanta- tionszwecke zu verwenden. Wenn es
nach der Hardliner-CSU in Fragen Abtreibung geht, dann dürfte es in Bayern
gar keine Abtreibungen in öffentlichen Krankenhäusern geben. Woher sollen
dann plötzlich die für die Transplantation benötigten lebenden (!)
Hirnzellen kommen? Ist hier etwa ein Handel absehbar, die Frauen, denen
man in der nach dem Willen der Bundesrepublik ausgestalteten Form des §
218 ein schlechtes Gewissen bis hin zu schweren psychischen
Folgeerscheinungen machen will, dadurch zu exkulpieren, daß sie den
abgetriebenen ca. acht Wochen alten Fötus zur Transplantation freigeben?
Um mehr Licht in diese Vorgänge zu bringen und die Diskus- sion auf
eine allgemeingesellschaftliche und parlamentari- sche Ebene zu bekommen,
habe ich heute folgende schriftli- che Fragen an die Bundesregierung
gerichtet:
Haben en an Krankenhäusern nur die Kompetenz, Einzelfallentscheidungen
zu treffen oder können sie auch - dem Gesetzgeber vergleichbar - Entschei-
dungen von grundsätzlicher Tragweite fällen?
Wie verträgt sich die Verwertung von fetalen Hirnzel- len zur
Transplantation mit den Prinzipien des Embryonenschutzgesetzes?
Welche Veränderungen der Abtreibungsmethoden sind zu erwarten, wenn die
spätere Verwendung von noch lebenden fetalen Zellen beabsichtigt ist?
Wie will die Bundesregierung der Gefahr entgegenwir- ken, daß Frauen zu
potentiellen Rohstoffquellen von fetalem Gewebe für medizinische Zwecke
werden?
12.06.1995 nnnn