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CDU/CSU-Politiker bleiben hart: Ehefrauen vor Vergewaltigung weiterhin besonders ungeschützt

14. März 1995 - 0406

Hanna Wolf CDU/CSU-Politiker bleiben hart: Ehefrauen vor Vergewaltigung weiterhin besonders ungeschützt

Zum Scheitern des Referentenentwurfs zur "Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe" in der Regierungskoalition er- klärt die Frauenpolitikerin und stellvertretende Spreche- rin der SPD-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Hanna Wolf:

Immer die gleiche Vorgehensweise bei der Bundesregierung: Ankündigungen statt Taten. Trotz frommer Reden aus der Re- gierungskoalition anläßlich der ersten Lesung unseres Ge- setzentwurfes zur Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe im Parlament und trotz der Ankündigungen des inoffizi- ellen Referentenentwurfs aus dem Bundesjustizministerium bleiben Ehefrauen vor Vergewaltigungen durch ihren Ehemann weiterhin rechtlich weniger geschützt, als jede andere Frau, die mit einem Mann zusammenlebt.

Dies ist - wie bisher auch - gerade der CDU/CSU zu verdan- ken.

Die CSU will den Ehefrauen vorgaukeln, sie wären "Herrin des Verfahrens", wenn das CSU-Konzept verwirklicht würde, nach dem die Frau selbst über die Niederschlagung eines Verfahrens entscheiden sollte. In der Praxis hieße das je- doch das Gegenteil: Der Täter wäre über den Weg der Er- pressung seiner Ehefrau selbst Herr des Verfahrens. Wo gibt es denn das in einem Rechtsstaat?

Die Befürchtung der CSU und auch eines "Rechtspolitikers" wie Wolfgang von Stetten, daß mit einem solchen Gesetz ei- ne Gleichstellung von ehelicher und nicht-ehelicher Le- bensgemeinschaft einherginge, besteht zu Recht. Die Ehe- frau soll nach unserem Gesetzentwurf den gleichen rechtli- chen Schutz erhalten, wie jede andere Frau, die mit einem Mann zusammenlebt. Jede andere rechtliche Wertung stellt Artikel 6 des Grundgsetzes "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" auf den Kopf. Vielleicht haben sich aber die C-Parteien bei der jüngsten Verfassungsdiskussion deshalb für den Erhalt die- ses Artikels so stark gemacht, weil sie zwar die Ehe als Versorgungsinstitut für den Mann privilegieren wollten aber nicht, weil sie die Eheleute, also auch die Ehefrau besonders schützen wollen.

Vergewaltigung ist typischerweise eine Beziehungsstraftat. 70 % der Vergewaltigungen finden im sozialen Nahbereich der Frau statt. Wenn erst die bisher als sexuelle Nötigung gewerteten Vergewaltigungen dazugezählt werden, verschiebt sich diese dramatische Statistik noch weiter.

Im Parlament besteht eine Mehrheit für die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Diese Mehrheit liegt aber nicht auf der Regierungsseite. Ich fordere deshalb diese Mehrheit auf, nach über 20 Jahren Diskussion und Bewußt- seinsbildung nun endlich den bestehenden Skandal zu been- den und parteiübergreifend zu einem Abschluß zu kommen. Das würde die Ehe nachhaltig schützen. Weitere Koalitions- rücksichten auf dem Rücken der Ehefrauen sind unerträg- lich. 14.03.1995 nnnn