16. September 1994 - 2038
Hanna Wolf Bundesfamilienministerin Rönsch macht es sich zu leicht
Zu den Erklärungen der Bundesfamilienministerin Rönsch über
Teilzeitarbeit anläßlich der EU- Familienministerkonferenz erklärt die
frauen- und jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna
Wolf:
Familienministerin Rönsch will das Problem der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf mit der Forcierung von Teilzeitarbeit lösen. Sie macht
es sich sehr leicht, wenn sie auf der EU-Familienministertagung unter
Hinweis auf den höheren Teilzeitanteil in den Niederlanden einen Appell an
die Tarifparteien richtet, flexiblere Arbeitszeiten und mehr
Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen. Die Reduzierung von Arbeitszeit bzw.
die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen ist nur dann ein Weg, wenn
die Betroffenen durch diese Arbeit ein existenzsicherndes Einkommen
erhalten. Die notwendigen Bedingungen dafür gibt es in den Niederlanden.
Weder Frau Rönsch noch andere Unionspolitiker oder -politikerinnen haben
Vorschläge dazu eingebracht, wie dies in der Bundesrepublik erreicht
werden soll. Im Gegenteil sind insbesondere die sogenannten geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse noch immer nicht sozialversicherungspflichtig
in der Bundesrepublik, wodurch Millionen Frauen im Alter in Armut leben.
Mehr Teilzeitarbeit setzt bestimmte gesetzliche Bedingungen voraus, die
von der Regierung - und nicht von den Tarifparteien - zu schaffen sind:
-Es muß ein Lohnausgleich beim Umstieg auf Teilzeitarbeit geschaffen
werden, der den betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die
Existenz sichert.
-Ebenfalls muß ein Ausgleich bei den Sozialversicherungen geschaffen
werden.
-Eine Rückkehr zur Vollzeitarbeit muß gesichert werden.
-Für sogenannte geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ist endlich die
Sozialversicherungspflicht einzuführen.
Die SPD hat hierzu Gesetzentwürfe in den Bundestag eingebracht. Die
Bundesregierung bleibt tatenlos. 16.09.1994 nnnn