17. Juni 1994 - 1332
Höchste Zeit für eine gesellschaftliche Reform zur Gleichstellung von
Frau und Mann
Anläßlich ihrer heutigen Vorstellung der Gleichstellungs- Broschüre der
SPD-Bundestagsfraktion "Frauen verdienen mehr" erklären die
frauenpolitische Sprecherin der SPD- Bundestagsfraktion, Hanna Wolf, und
die Vorsitzende der ad hoc- Arbeitsgruppe Gleichstellungsgesetz, Ilse
Janz:
Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt, gerade in den neuen
Ländern, ist unerträglich. Die Arbeitslosenquote von Frauen im Osten ist
doppelt so hoch wie die der Männer und die Dauer ihrer Erwerbslosigkeit
doppelt so lang. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und
Sozialordnung ist dies auf Benachteiligungen von Frauen gerade in den
Treuhandbetrieben zurückzuführen, obwohl die Bundesregierung hier
besonders leicht Einfluß zugunsten der Einstellung von Frauen nehmen
könnte. Schon in den ersten drei Jahren nach der Vereinigung sank der
Frauenanteil dort von 38% auf 30% (Januar 1993). Bei Neueinstellungen
werden Frauen in den Treuhandbetrieben nur zu ein Viertel berücksichtigt.
Selbst in den frauentypischen Branchen (Handel, Banken, Post,
Versicherungen) finden Frauen immer schwerer Arbeitsplätze. Am größten ist
die Verdrängung in den männerdominierten Branchen.
Im Osten wie im Westen ziehen sich Frauen gezwungenermaßen zunehmend in
die "stille Reserve" zurück. Die Bundesregierung hat kein Konzept gegen
die permanenten Diskriminierungen gerade im Bereich der Privatwirtschaft,
geschweige denn bemüht sie sich um aktive Frauenfördermaßnahmen. Bei ABM
sind Frauen noch immer unterproportional vertreten, durch die
Mittelkürzungen im sozialen Bereich sind sie besonders getroffen.
Mit dem Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes will die SPD-
Bundestagsfraktion für eine andere Weichenstellung sorgen und einen
Reformprozeß zugunsten von Frauen in Gang setzen. Wir haben ein
umfassendes Instrumentarium entwickelt, das in der anliegenden Broschüre
im einzelnen dargestellt ist. Die Säulen des Konzepts gegen
Arbeitslosigkeit von Frauen und für eine Gleichstellung im Erwerbsleben
sind :
-Zwingende Quotierung bei ABM
-Schutzklausel vor überproportionalen Entlassungen von Frauen
-Schadensersatz und Geldbußen für Unternehmer im Falle von
Diskriminierungen bei der Einstellung und beim beruflichen Aufstieg
-Frauenförderung durch verbindliche Zielvorgaben und die
leistungsbezogene Quote bei der Einstellung und Beförderung
-50% Ausbildungsplatzquote für Frauen
-bevorzugte Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Unternehmen mit
besonderen Frauenförderprogrammen
Darüber hinaus will die SPD-Bundestagsfraktion eine aktive
Arbeitsmarktpolitik mit Schwerpunkt für Frauen: Die Mittelkürzungen bei
ABM (1993: ca. 100 000 weniger ABM-Stellen), von denen gerade Frauen
betroffen sind, müssen rückgängig gemacht werden. Eine rechtliche
Gleichstellung von Teilzeitarbeit mit Vollzeitarbeit ist dringend
erforderlich, ebenso wie die Sozialversicherungspflicht von sogenannten
geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen.
Der Entwurf des Gleichstellungsgesetzes ist der frauenpolitische
Reformvorschlag der SPD-Bundestagsfraktion für einen Regierungswechsel.
Wie in den 70er Jahren mit der Ehe- und Scheidungsrechtsreform will die
SPD diese zweite große gesellschaftliche Reform für die Gleichstellung von
Frau und Mann ins Werk setzen. 17.06.1994 nnnn 2