18. Januar 1994 - 0116
Hanna Wolf Vor 75 Jahren wählten die Frauen das erste Mal - eine
gesellschaftliche Gleichstellung ist noch immer nicht erreicht
Anläßlich des morgigen 75. Jahrestages der erstmaligen Ausübung des
Wahlrechts durch Frauen erklärt die frauenpolitische Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf:
Vor 75 Jahren, am 19. Januar 1919, haben die Frauen in Deutschland zum
ersten Mal von ihrem am 12. November 1918 vom Rat der Volksbeauftragten
festgelegten Wahlrecht Gebrauch gemacht. Langjährige Bemühungen der
Frauenbewegung, mit Hedwig Dohm angefangen, und der Sozialdemokratie haben
damit ihr Ziel erreicht.
Heute gehört das damals umstrittene Frauenwahlrecht zu den
selbstverständlichen Rechten der Frauen. Zugleich aber ist es heute klar,
daß Frauen dringend weitere gesetzliche Entscheidungen brauchen, die ihnen
eine gerechte Partizipation im Erwerbsleben und in anderen
gesellschaftlichen Bereichen ermöglichen. Das von der
SPD-Bundestagsfraktion vorgelegte Gleichstellungsgesetz ist ein wichtiger
Schritt in diese Richtung.
Das durchschnittliche Erwerbseinkommen von Frauen ist um ein Drittel
geringer als das der Männer. Frauen müssen mehr und mehr um ihre
Arbeitsplätze bangen. Zwei Drittel der Arbeitslosen im Osten sind Frauen.
In den höheren, besser bezahlten Positionen sind Frauen trotz
gleichwertiger Qualifikation kaum vertreten. Der Gesetzentwurf der
SPD-Bundestagsfraktion sieht daher insbesondere vor:
-Frauenförderung im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft,
Frauenförderpläne mit verbindlichen Zielvorgaben,
-die leistungsbezogene Quote bei Einstellung und Beförderung,
-Frauenbeauftragte mit Freistellungsanspruch in größeren Betrieben und
Behörden,
-Quotierung der Betriebs- und Personalräte,
-Schutzvorschriften gegen überproportional hohe Entlassungen von
Frauen,
-Quotierung von ABM.
Auch Gremien, z. B. Beiräte und die Gerichte, müssen quotiert werden,
damit Frauen nicht länger die schweigende Mehrheit in der Gesellschaft
bleiben.
18.01.1994 nnnn