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Noltes Studie zur Vergewaltigung: Wann folgen die Taten? =

18. Juli 1995 - 1202

Hanna Wolf Noltes Studie zur Vergewaltigung: Wann folgen die Taten?

Zu den Äußerungen der Bundesfrauenministerin Nolte anläß- lich der Vorstellung einer Vergewaltigungsstudie, erklärt die Frauenpolitikerin der SPD-Bundestagsfraktion Hanna Wolf:

Der im Auftrag des Bundesfrauenministeriums erstellte For- schungsbericht des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen stellt das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen in der Bundesrepublik noch einmal klar heraus: Etwa jede siebte Frau wird mindestens einmal vergewaltigt oder sexu- ell genötigt, die meisten Vergewaltigungen werden von den Ehemännern an ihren Frauen begangen.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert seit vielen Jahren die Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Immer wieder sind die Gesetzentwürfe an der Ablehnung der Koalitionsfraktionen gescheitert. Es klingt daher wie Hohn, wenn die Frauenministerin jetzt - wie folgt - ihr Statement auf der gestrigen Pressekonferenz einleitet:

"Unsere Gesellschaft darf vor dem Ausmaß von ehelicher Ge- walt nicht die Augen verschließen. Insbesondere die Poli- tik ist aufgerufen, sowohl durch eine Änderung des Straf- rechts Zeichen zu setzen, als auch den Betroffenen Hilfen und Unterstützung anzubieten. Eheliche und außereheliche Vergewaltigung müssen mit dem gleichen strafrechtlichen Unwerturteil belegt werden...."

Sieht man sich die Abstimmungsergebnisse über die entspre- chenden Gesetzentwürfe der letzten Jahre im Bundestag an, so weiß man, daß nicht die "Politik" aufgerufen werden muß, sondern allein die Kolleginnen und Kollegen von Frau Nolte aus den Koalitionsfraktionen, insbesondere aus der CDU/CSU. Aber auch Frau Nolte scheint selbst nicht so ganz von der Notwendigkeit eines gleichen strafrechtlichen Schutzes verheirateter und nichtverheirateter Frauen aus- zugehen, denn sie will doch wieder eine Ausnahme von der Strafbarkeit schaffen, wenn die Ehefrau der Strafverfol- gung widerspricht. Daß dies natürlich sehr häufig auf Druck des Ehemannes oder anderer Familienangehöriger ge- schieht, interessiert Frau Nolte offenbar nicht.

Frau Nolte sieht Handlungsbedarf hinsichtlich der richter- lichen Zuweisung der Ehewohnung an eine mißhandelte Ehe- frau und ihre Kinder. Hierzu hat die SPD-Bundestagsfrakti- on einen Gesetzentwurf in Vorbereitung. Wir werden sehen, ob Frau Nolte und ihre Fraktionskollegen und -kolleginnen diesem im Bundestag zustimmen.

Nicht durch Worte kann vergewaltigten und mißhandelten Frauen geholfen werden, sondern alleine durch Taten.

18.07.1995 nnnn