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Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von ausländischen Ehefrauen in der Bundesrepublik muß erleichtert werden

19. Mai 1994 - 1096

Hanna Wolf Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von ausländischen Ehefrauen in der Bundesrepublik muß erleichtert werden

Anläßlich der heutigen Bundestagsdebatte zu dem SPD-Gesetzentwurf zur Änderung des Ausländer- gesetzes erklärt die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf:

Das geltende Ausländerrecht, das 1990 von der Bundesregierung verabschiedet wurde, führt für ausländische Frauen in der Bundesrepublik zu unzumutbaren Abhängigkeiten von den Ehemännern. Die Befürchtungen haben sich seit Inkrafttreten des Gesetzes bestätigt: Ausländische Ehefrauen sind in vielen Fällen gezwungen, Gewalttätigkeiten ihrer Ehemänner hinzunehmen, wenn sie nicht ausgewiesen werden wollen.

Der abgeleitete Aufenthaltsstatus, von dem überwiegend Frauen betroffen sind, verhindert eine gleichberechtigte Partnerschaft, da das Aufenthaltsrecht der ausländischen Ehefrau an ein 4-jähriges Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik gekoppelt ist. Die betroffenen Migrantinnen hängen mit ihrer ganzen Existenz vom Wohlwollen des Ehemannes ab. Deutsche oder ausländische Männer können ihre ausländische Ehefrau "verstoßen" mit der Folge, daß sie ausgewiesen wird und keinerlei Rechte oder Unterhaltsansprüche geltend machen kann. Beratungsstellen gegen Gewalt gegen Frauen beklagen viele Fälle, in denen ausländische Frauen gezwungen werden, Gewalttätigkeiten und Mißhandlungen hinzunehmen, weil eine Flucht z.B. in ein Frauenhaus ihre Ausweisung bedeutet. § 19 Ausländergesetz ermöglicht es Frauenhändlern, ausländische Frauen per Katalog mit Umtauschgarantie anzubieten.

Mit dem SPD-Entwurf soll diesen Abhängigkeiten und Unmenschlichkeiten ein Ende gesetzt werden:

-Die Frist für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht wird von vier Jahren auf zwei Jahre ehe- licher Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik reduziert. Soweit die Ehe bereits vorher im Ausland bestanden hat, wird davon ein Jahr angerechnet. Wartefristen bis zur Erteilung einer eigenständigen Aufenthaltserlaubnis können nur gerechtfertigt sein, um sogenannte Scheinehen zu vermeiden. In Abwägung der Interessen, der Verhinderung von sogenannten Scheinehen und des individuellen Rechts auf Selbstbestimmung über den Aufenthaltsort ohne Abhängigkeit von einer Person ist die Frist von zwei Jahren genügend.

-Bei Mißhandlungen in der Ehe, bei Betreuung eines in der Bundesrepublik lebenden Kindes sowie im Falle erheblicher Nachteile wegen der Auflösung der ehelichen Lebensge-meinschaft, wird jegliche Wartefrist für das eigenständige Aufenthaltsrecht gestrichen.

-Der Sozialhilfebezug, insbesondere für den Fall, daß die betroffenen Frauen Kinder zu betreuen haben, ist kein Hinderungsgrund für das Aufenthaltsrecht.

Die Reform des § 19 Ausländergesetz ist dringend notwendig, um endlich ausländischen Ehefrauen einen menschenwürdigen Status zu ermöglichen. 19.05.1994 nnnn