22. September 1994 - 2088
Hanna Wolf Familienwahlrecht verfestigt die Unmündigkeit der Kinder
Zu der Diskussion um ein Familienwahlrecht erklärt die frauen- und
jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundes- tagsfraktion, Hanna Wolf:
Ein Familienwahlrecht - egal wie auch immer ausgestaltet - ist zutiefst
undemokratisch. Nicht nur verstößt es ekla- tant gegen den
Gleichheitsgrundsatz und würde ein Klien- telwahlrecht à la Preußischem
Drei-Klassen-Wahlrecht ein- führen. Es würde auch den eigenen
Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen zuwiderlaufen. Wer kennt nicht
die hefti- gen politischen Auseinandersetzungen im Verhältnis von El- tern
und Kindern. Es wäre naiv anzunehmen, daß Eltern an- stelle ihrer Kinder
eine andere Partei wählen würden, als die, die sie selbst wählen. Darüber
hinaus werden Kinder in der Rolle der Unmündigkeit gehalten, weil immer
andere für sie stellvertretend handeln.
Alle im Parlament müssen sich für die Rechte von Kindern einsetzen,
unabhängig davon, ob sie selbst Kinder haben oder nicht. Statt daß sie
Vorschläge zu Entdemokratisie- rung des Wahlrechts machen, sollten sie
lieber ihre Par- teikollegen zu einer kinderfreundlichen Politik bewegen.
Eine bessere Durchsetzung der Interessen von Kindern kann auf zwei
Wegen erfolgen:
-Zum einen durch Kinder- und Jugendparlamente für alle Schülerinnen und
Schüler ab dem 10. Lebensjahr, in dem sie gerade auch ihre Interessen in
ihrer Stadt bzw. in ihrem Wohnbezirk vertreten können. Damit sind bereits
in Frankreich gute Erfahrungen gemacht worden. Eine derar- tige eigene
Vertretung der Kinder und Jugendlichen ent- spricht auch den Grundsätzen
der UNO-Kinderkonvention.
-Zum anderen durch eine paritätische Besetzung der Parla- mente mit
Frauen und Männern. Solange im Bundestag 80 % Männer sitzen, werden auch
die Interessen von Kindern nicht berücksichtigt werden. Das hat die
Erfahrung ge- zeigt.
22.09.1994 nnnn