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CSU versucht, Härtefallklausel des 19 Ausländerrechts zu kippen

23. April 1998 - 0496

AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend

CSU versucht, Härtefallklausel des § 19 Ausländerrechts zu kippen

Zur Antwort der Bundesregierung auf ihre in der gestrigen Fragestunde zum Fall einer von Abschiebung bedrohten geschiedenen Kurdin in Bayern gestellten Fragen erklärt die stellv. Sprecherin der AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend Hanna Wolf (München):

Im Fall der Kurdin Tülay O. hat die bayerische Staatsregierung eine Auslegung von § 19 Ausländerrechts vertreten, die - nach dem Ergebnis der Fragestunde im Deutschen Bundestag - von der Bundesregierung nicht geteilt wird.

1.Anders als die bayerische Staatsregierung ist für die Bundesregierung eine ”außergewöhnliche Härte” nicht erst dann gegeben, wenn eines der Fallbeispiele verwirklicht ist, die in der Begründung des Gesetzes ”insbesondere” genannt sind. Vielmehr ist es eine Selbstverständlichkeit, daß die in der Begründung genannten Fallbeispiele nur die Meßlatte beschreiben, an der eine außergewöhnliche Härte zu messen ist. Darunter kann auch die jahrelang währende Versklavung eines Ehegatten unter Zufügung körperlicher und seelischer Qualen fallen - so wie im vorliegenden Fall.

2.Anders als die bayerische Staatsregierung liegt für die Bundesregierung die außergewöhnliche Härte im Sinne des § 19 des Ausländerrechts Gesetz das Schwergewicht der Prüfung nicht ausschließlich bei den rückkehrbedingten Bedrohungen, sondern ebenso bei dem Ausmaß der Über griffe, dem die betroffene Person während der Ehedauer ausgesetzt war. Diese könne also als dermaßen gravierend einzuschätzen sein, daß die konkret zu erwartende Bedrohung nach Rückkehr ins Herkunftsland dahinter zurücktritt.

Die bayerische Staatsregierung hat die Auslegung der ”außergewöhnlichen Härte” in § 19 ausl. Gesetz nicht nur mit außergewöhnlicher Härte betrieben - sie hat massive Rechtsfehler begangen. Dies nimmt sie offenbar in Kauf, weil sie keinen ”Präzedenzfall” entstehen lassen will, nach dem sich andere ausländische Ehefrauen mit abhängigem Aufenthaltsrecht auf die Härtefallklausel berufen können. Damit versucht die CSU, die ihr immer schon verhaßte Härtefallklausel des Bundesgesetzes zu kippen.

Ich appelliere an die bayerische Staatsregierung, unverzüglich zum Geist des Bundesgesetzes zurückzukehren, das Schicksal der gepeinigten Frau ernst zu nehmen und diese Frau nicht in ihr Herkunftsland abzuschieben.

erfasst am: 23.04.1998 13:04 nnnn