23. August 1994 - 1851
Hanna Wolf Steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für Tagesmütter ist
Flickschusterei und sozialpolitisch unausgewogen
Zu der von den CDU- und CSU-Parteivorständen in ihrem Regie-
rungsprogramm gestern beschlossenen steuerlichen Abzugsfähigkeit von
Tagesmüttern erklärt die frauen- und jugendpolitische Spre- cherin der
SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf:
Die von der CDU und CSU vorgeschlagene Abzugsfähigkeit der Ko- sten für
Tagesmütter ist sozialpolitisch aus zwei Gründen sehr problematisch. Den
größten Steuervorteil haben die Eltern mit hohem Einkommen, während Eltern
mit niedrigerem Einkommen, wozu die meisten alleinerziehenden Frauen
gehören, nur einen wesent- lich geringeren Anteil ihrer Kosten für die
Tagesmutter erstat- tet bekommen. Tagesmütter haben in der Bundesrepublik
- im Ge- gensatz zu Frankreich - keine soziale Absicherung. Die CDU und
CSU hätten in ihrem Vorschlag zumindest die soziale Sicherung der
Tagesmütter mit einbeziehen müssen.
Die von der CDU und CSU aufgegriffene Idee ist zudem keineswegs neu.
Weil sie jedoch sozial ungerecht ist, wurde sie bisher nicht realisiert.
Nun soll sie im Wahlkampf als große familien- politische Tat präsentiert
werden.
Dem Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen muß durch die Schaf- fung
von mehr Kindertagesstätten abgeholfen werden. Sie bieten Kindern ein
Aufwachsen unter ihresgleichen und den ErzieherInnen den sozialen Kontakt
zu ihren KollegInnen, während die Tagesmut- ter isoliert und auf sich
allein angewiesen ist. Der Bund muß sich endlich an den Kosten für die
Realisierung des Rechtsan- spruches auf einen Kindergartenplatz beteiligen
und nicht weiter Flickschusterei betreiben. 23.08.1994 nnnn