24. Juni 1997 - 1004
AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend
Verfassungsgericht legt bayerischen Sonderweg auf Eis
Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das bayeri sche Gesetz
zum Abtreibungsrecht nicht am 1. Juli in Kraft treten zu lassen, erklären
die SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Edith Niehuis, Vorsitzende des
Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und die
stellvertretende frauenpolitische Sprecherin, Hanna Wolf:
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Ärzte müssen ihre auf
Schwangerschaftsabbruch spezialisierten Praxen in München und Nürnberg
nicht am 1. Juli schließen. Damit haben die Richterinnen und Richter des
Ersten Senats deutlich zu verstehen gegeben, daß dem Schutz des werdenden
Lebens nicht mit der rigiden Durchsetzung alter Ideologien gedient ist.
Es bleibt zu hoffen, daß damit die dreiste Methode der CSU, die Ärzte
zu prügeln, um die Frauen zu treffen, auch endgültig scheitern wird. Die
beiden bayerischen Sondergesetze müssen weg. Auch Bayern muß bundestreu
bleiben.
Die beispiellose anonyme Suchaktion der Sozialministerin Stamm nach
abbruchbereiten Ärzten hat dem Vernehmen nach nur Ärzte gefunden, die zur
medizinischen Aktion bereit waren.
Dies hat mit dem bundesgesetzlichen Auftrag zur flächen deckenden
Versorgung mit Abbruchmöglichkeiten auch in Bayern nichts zu tun.
Denn mit gutem Grund fordert das mit großer Mehrheit vom Bundestag
beschlossene Schwangerschaftskonflikt-Gesetz im § 13, in Einklang mit dem
Verfassungs-Gerichtsurteil von 1993, von den Ländern die Sicherstellung
eines ausreichenden, flächendeckenden Angebots ambulanter und stationärer
Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen. Durch weite
Anreisewege wird Frauen in einer Konfliktsituation eher die Möglichkeit
genommen, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. 24.06.1997 nnnn