26.10.95 - 4307
Gleichstellung
Nur die explizite Frauenquote kann der "heimlichen" Män- nerquote
begegnen
In ihrer Rede zum Thema "Frauenförderung in der EU" an- läßlich des
Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Quotenregelung des Landes Bremen
kritisierte die Frau- enpolitikerin und stellvertretende Sprecherin der
SPD- Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend, Hanna
Wolf, vor allem die unterschwellige Überein- stimmung der Bundesregierung
mit diesem Urteil, daß bei ihrer sogenannten Frauenförderpolitik auch nur
gleiche Start-Chancen, nicht aber Ergebnisgleichheit angestrebt würde.
Obgleich auch mit den Stimmen der FDP der Artikel 3 des Grundgesetzes um
den Satz "Der Staat fördert die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen
und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin"
erweitert wurde, was ja mehr bedeutet als Frauenförde- rung durch
Fortbildung, werde dieses Urteil vom frauen- politischen Sprecher der FDP
gelobt und damit die Abwe- senheit auch der Rahmenbedingungen gebilligt,
die sogar der Luxemburger Generalanwalt Tesauro fordert - und die in
vielen EU-Ländern besser verwirklicht sind als bei uns.
Weiter kritisierte sie, daß in dieser Bundesrepublik seit letztem Jahr
ein sogenanntes "Gleichberechtigungs"- und nicht "Gleichstellungs-Gesetz"
gilt, das nur für knapp 1% der Frauen zutrifft, und das zu fast nichts
verpflichtet. Angewandt beispielsweise auf die Bedin- gungen eines
Bundesministeriums kehrte die Geschlechter- parität in den höheren Rängen
nie ein, auf der Ebene der Referatsleitung in 481 Jahren und auf der Ebene
der Re- ferenten in 464 Jahren. Die tatsächliche Gleichstellung scheint
der Bundesregierung gleich zu sein, denn solan- ge eine
Widerspruchsregelung bei Vergewaltigung in der Ehe möglich ist, solange
kein Arbeitsförderungsgesetz kommt, das Frauenarbeit fördert, solange
Frauen wegen "Überqualifizierung" abgelehnt werden, solange wird der
Artikel 3 des Grundgesetzes nicht erfüllt.
Das einzige Mittel daher, wie der "heimlichen" Männer- quote begegnet
werden kann, ist eben nur die explizite Frauenquote.
26.10.1995 nnnn