27. Januar 1998 - 0086
AG Familie, Senioren, Frauen & Jugend
Schein-Lösung der katholischen Bischöfe
Zur Entscheidung der katholischen Bischöfe hinsichtlich der
Schwangerenberatung erklären die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Edith
Niehuis, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, und die SPD- Bundestagsabgeordnete Hanna Wolf:
Ohne Zweifel hat der Papst die katholischen Bischöfe angestiftet, am
Beispiel der Schwangerenberatungsstellen die Zusammenarbeit mit dem
demokratischen Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland aufzukündigen. Wenn
Bischof Lehmann meint, viel Spielraum bezüglich des Beratungsscheins zu
haben, dann irrt er. Maßstab werden der § 7 des Schwangeren- und Familien
hilfegesetzes und § 218 a und § 219 StGB bleiben.
Es macht betroffen, wie respektlos der Papst mit einem Gesetz umgeht,
hinter dem mit großer parteiübergreifender Mehrheit das höchste deutsche
Parlament, der Deutsche Bundestag, das höchste deutsche Gericht, das
Bundesverfassungsgericht, und die Mehrheit der Bevölkerung steht. Unserem
demokratischen und sozialen Rechtsstaat setzt der Papst seine in der
Enzyklika von 1995 formulierte Definition vom humanen Staat entgegen und
fordert die Bischöfe auf, in diesem Sinne "alle möglichen Schritte zur
Änderung dieser gesetzlichen Verfügung zu unter nehmen."
Im Klartext heißt dieses: Der Papst kündigt in Deutschland die
katholische Kirche als Volkskirche auf. Ohnehin ist die Verfassung der
katholischen Amtskirche im Widerspruch zu unserem Grundgesetz: Wer Frauen
das Priesteramt verwehrt, verstößt gegen Artikel 3 unseres Grundgesetzes;
wer verheiratete Priester mit einem Berufsverbot belegt, verstößt gegen
Artikel 6 unseres Grundgesetzes, das ausdrücklich Ehe und Familie schützt.
Es ist unerträglich, wie die katholische Amtskirche durch die von ihr
provozierte Diskussion Frauen in Schwangerschaftskonflikten verunsichert,
was dem Lebensschutzkonzept in keinem Fall dient.
Die Länder werden mit und ohne katholische Kirche dafür sorgen können,
daß auch weiterhin ein plurales Angebot an
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen besteht.
Die katholischen Bischöfe sind aufgefordert, schnellstens für Klarheit
zu sorgen, damit der Staat überlegen kann, inwieweit die katholische
Kirche im sozialen Bereich noch ein verläßlicher Partner ist.
Die Leidtragenden der Verzögerungstaktik der katholischen Bischöfe
werden insbesondere die katholischen Frauen sein. 27.01.1998 nnnn