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Längere Ladenöffnungszeiten ein Schlag gegen 2 Mio Frauen

28.Oktober 1993 - 2515

Hanna Wolf Längere Ladenöffnungszeiten ein Schlag gegen 2 Mio Frauen

Zu der Diskussion über die Aufhebung der Ladenschlußzeiten erklärt die frauen- und jugendpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf:

Dreiviertel der im Einzelhandel beschäftigten 2,8 Mio Menschen sind Frauen (2,1 Mio). Überwiegend sind sie in Teilzeitarbeit beschäftigt, weil sie keine andere Möglichkeit haben, die Kindererziehung und sonstige Familienarbeit neben einer Vollerwerbstätigkeit zu leisten. Längere Ladenöffnungszeiten werden eindeutig zu ihren Lasten gehen.

Die Umsätze im Einzelhandel stagnieren aufgrund der Einkommenseinbußen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und der hohen Arbeitslosigkeit. Wegen der fehlenden Finanzkraft in den privaten Haushalten kann auch durch längere Öffnungszeiten kein höherer Konsum erreicht werden. Ohne höhere Umsätze wird es mit Sicherheit keine zusätzlichen Arbeitsplätze im Einzelhandel geben. Die ohnehin schlechten Arbeitsbedingungen des Verkaufspersonals würden dagegen noch nachteiliger. Das Bruttogehalt nach dreijähriger Ausbildung und sechsjähriger Berufserfahrung im Einzelhandel beträgt nur 3.000,- DM brutto. Nun sollen die im Einzelhandel Beschäftigten auch noch mit Arbeit in den Abendstunden und mit Sonntagsarbeit belastet werden.

Der Vorschlag, für "Familienbetriebe" die Öffnung am Sonntag vorzusehen, würde die harten Ar- beitsbedingungen derartiger Betriebe - schon heute wird dort häufig 60 Stunden pro Woche gearbeitet - noch verschärfen. Die Frauen als "Mithelfende" und die Kinder wären die Hauptleidtragenden. Für die Familie ist dann auch am Sonntag keine Zeit mehr.

Daran denkt offenbar die Bundesministerin für Frauen und Jugend Angela Merkel nicht, wenn Sie die deutschen Ladenschlußzeiten als "frauenfeindlich" bezeichnet und eine Öffnung für einen "Meilenstein zur Verbesserung der Lebensqualität der Frauen" hält.

Nicht eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Einzelhandel, sondern Arbeitszeitverkürzungen für alle schaffen neue Arbeitsplätze und ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit für Männer und Frauen. 28.10.1993 nnnn