Bonn, 10. Juni 1998
Sehr geehrter Herr Minister Dr. Beckstein,
ich möchte mich hiermit in der Angelegenheit
von Frau Tülay Oguz und ihrer Kinder, die ich als bekannt voraussetze,
an Sie wenden und dazu Stellung nehmen.
Trotz aller Proteste, öffentlicher Diskussionen,
solidarischer Aktivitäten und Forderungen von Verbänden und Organisationen
ist der weitere Verbleib von Frau Tülay Oguz mit ihren Kindern in
der Bundesrepublik Deutschland - zumindest bis zum rechtskräftigen
Abschluß des Berufungsverfahrens - nicht gesichert. Sollte Frau Tülay
Oguz nicht bis spätestens 15. Juni 1998 Deutschland verlassen, droht
ihr sogar die Abschiebung.
Ich appelliere daher dringend an Sie, alles zu
veranlassen, um diesen unerträglichen Zustand, in dem der Täter
im Lande bleiben darf und das Opfer ausgewiesen wird, zu beenden und Frau
Oguz ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu gewähren. Mit der
neuen Regelung des Ausländergesetzes für außergewöhnliche
Härtefälle (§ 19 Ausländergesetz) will der Bundesgesetzgeber
Opfer von Gewalttaten schützen, unabhängig von der Dauer der
Ehe in Deutschland - so wie im vorliegenden Fall. Die Auslegung der Bayerischen
Staatsregierung wird diesem Gesetzesziel nicht gerecht. In keinem anderen
Bundesland würde Frau Tülay Oguz ausgewiesen; das ist kein Ruhmesblatt
für den Freistaat Bayern.
Ich appelliere nochmals dringend an Sie - auch
im Interesse der Humanität - das Bleiberecht von Frau Tülay Oguz
zu verfügen.
Mit freundlichen Grüßen
Hanna Wolf MdB |